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Österreichischer Lebensmittelkonsum im Fokus: Der neue Report von Land schafft Leben

Rund eineinhalb Tonnen Lebensmittel konsumieren die Österreicherinnen und Österreicher jährlich pro Kopf. Doch unser Konsumverhalten passt oft nicht zu den hohen Erwartungen, die wir an die Produktion stellen. Der neue Report von Land schafft Leben beleuchtet diese Diskrepanz und bietet umfassende Einblicke in die Ess- und Kaufgewohnheiten der Bevölkerung.

Eine aktuelle Studie zeigt: Trotz hoher Ansprüche an die Qualität und Herkunft von Lebensmitteln kaufen viele Österreicherinnen und Österreicher das günstigste Angebot. Besonders bei Fleisch ist diese Diskrepanz auffällig. Der Report von Land schafft Leben fordert daher eine verpflichtende Herkunfts- und Haltungskennzeichnung, um die Konsumenten besser zu informieren und die hochwertige Produktion zu fördern.

Das Kaufverhalten der Österreicher

Herkunfts- und Haltungskennzeichnung: Ein Muss für bewusste Entscheidungen

Maria Fanninger, Gründerin von Land schafft Leben, betont die Notwendigkeit einer klaren Kennzeichnung im Lebensmittelhandel und der Gastronomie. „Nur so können die Menschen auf einen Blick erkennen, warum sie mehr für Schweinefleisch bezahlen sollen und die hochwertige Produktion fördern, anstatt sie sich nur zu wünschen“, erklärt sie. Die Diskrepanz zwischen den hohen Ansprüchen an die Produktion und dem Kaufverhalten ist besonders bei Fleischprodukten deutlich. Während die Gesellschaft eine artgerechte Tierhaltung fordert, greifen die meisten Konsumenten im Supermarktregal zum günstigsten Angebot.

Was uns beim Lebensmittelkauf wirklich wichtig ist

Laut einer RollAMA-Befragung legen 48 Prozent der Befragten großen Wert auf das Tierwohl. Doch nur sieben Prozent kaufen tatsächlich Bio- und Tierwohl-Produkte. Hannes Royer, ebenfalls Gründer von Land schafft Leben, hebt hervor, wie stark unser Kaufverhalten die Lebensmittelproduktion beeinflusst. „Unser Einkaufsverhalten hat einen großen Einfluss, und diese Macht sollten wir nutzen“, sagt Royer. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Die Nachfrage nach Edelteilen von Schweinen war jahrelang so hoch, dass diese importiert werden mussten. Heute werden dieselben Teile teilweise zu Faschiertem verarbeitet, da die Nachfrage gesunken ist.

Österreich: Land der Aktionen

Aktionen spielen eine zentrale Rolle im Fleischkauf der Österreicherinnen und Österreicher. 2023 lag der Anteil von Aktionsware bei Fleisch bei 44 Prozent. Das Land steht damit im europäischen Vergleich an zweiter Stelle, nur übertroffen von Tschechien. Der hohe Anteil an Aktionsware zeigt, dass viele Konsumenten nach wie vor den Preis als wichtigstes Kaufkriterium betrachten. Dies spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass Rabattmarken häufig auf Fleischprodukte geklebt werden.

Aktionen sind ein mächtiges Werkzeug im österreichischen Lebensmittelhandel. Sie steigern nicht nur den Umsatz, sondern beeinflussen auch das Kaufverhalten. Besonders Fleisch wird häufig in Aktion gekauft, was langfristig Auswirkungen auf die Produktionsbedingungen hat.

Kaufkriterien und Konsumgewohnheiten

Geschmack als oberstes Kaufkriterium

Der Geschmack ist laut Report das wichtigste Kriterium beim Lebensmittelkauf, gefolgt von der Herkunft und dem Preis. Der Nährwert und die Lebensmittelsicherheit sind ebenfalls von Bedeutung, ebenso wie die Umwelt- und Klimafreundlichkeit der Produkte. Diese Reihenfolge der Prioritäten zeigt, dass Geschmack und Preis für viele Konsumenten entscheidender sind als ökologische oder ethische Aspekte.

Verfügbarkeit und Verbrauch

Die ausreichende Verfügbarkeit von Lebensmitteln ist in Österreich derzeit nicht gefährdet. Laut dem Global Food Security Index belegt das Land Platz zwölf weltweit. Mit durchschnittlich 3.800 Kilokalorien pro Tag stehen den Österreicherinnen und Österreichern weit mehr energiereiche Nahrungsmittel zur Verfügung als benötigt. Die Hamsterkäufe während der Corona-Pandemie und die Auswirkungen des Ukrainekriegs haben jedoch gezeigt, dass die Versorgungssicherheit nicht selbstverständlich ist.

Fleisch- und Fischkonsum: Mehr als empfohlen

Besonders beim Fleischkonsum schlagen die Österreicherinnen und Österreicher über die Stränge. Männer konsumieren etwa dreimal so viel Fleisch wie empfohlen, Frauen etwas weniger. Der Fischkonsum ist hingegen zu gering und könnte verdoppelt werden, um den Empfehlungen zu entsprechen. Diese Diskrepanz zwischen empfohlenem und tatsächlichem Konsum hat Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung.

Regionale Produktion und Selbstversorgung

Konsumieren wir, was wir produzieren können?

Die österreichische Landwirtschaft teilt sich zur Hälfte in Acker- und Grünland auf, was sowohl pflanzliche als auch tierische Lebensmittelproduktionen ermöglicht. Wilhelm Windisch, ehemaliger Professor für Tierernährung, sieht in der Verfütterung nicht essbarer Biomasse an Nutztiere einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit. Diese Praxis ermöglicht es, die verfügbare landwirtschaftliche Fläche effizient zu nutzen und die Ernährungssicherheit zu erhöhen.

Flächenanspruch und Ernährungssicherheit

Österreich benötigt für den derzeitigen Lebensmittelkonsum mehr Agrarfläche als zur Verfügung steht. Im internationalen Vergleich steht das Land dennoch gut da, vor allem wegen der effizienten Nutzung der Grünlandflächen und der hohen Produktionsstandards. Eine Kreislaufwirtschaft, die nicht essbare Biomasse als Tierfutter nutzt, könnte die Ernährungssicherheit um mindestens 50 Prozent steigern.

Der Einfluss des Konsumverhaltens auf die Landwirtschaft

Aktionen und ihre Auswirkungen

Aktionen sind ein mächtiges Werkzeug im österreichischen Lebensmittelhandel. Sie steigern nicht nur den Umsatz, sondern beeinflussen auch das Kaufverhalten. Besonders Fleisch wird häufig in Aktion gekauft, was langfristig Auswirkungen auf die Produktionsbedingungen hat. Wenn Konsumenten vorwiegend zu Aktionsware greifen, haben Produzenten Schwierigkeiten, höhere Standards zu finanzieren und umzusetzen.

Handelseigenmarken: Pro und Kontra

Handelseigenmarken bieten günstige Alternativen zu Markenprodukten, sind jedoch oft von geringerer Qualität. Sie können den Wettbewerb fördern, stellen aber auch eine Herausforderung für Markenhersteller dar. Der höhere Rohstoffkostenanteil bei Eigenmarken führt dazu, dass Preiserhöhungen stärker ins Gewicht fallen.

Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein

Biologische und konventionelle Landwirtschaft

Rund 28 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Österreich sind biologisch zertifiziert. Obwohl der Bio-Konsum steigt, wird ein großer Teil der Bio-Produkte exportiert oder konventionell vermarktet. Urs Niggli sieht in der verbesserten Zusammenarbeit von Erzeugern und Vermarktern großes Potenzial, mehr Konsumenten von Bio-Produkten zu überzeugen.

Tierwohl: Was wünschen sich die Konsumenten?

Tierwohl gewinnt an Bedeutung, doch die Nachfrage nach entsprechenden Produkten bleibt gering. Eine einheitliche Haltungskennzeichnung könnte hier Abhilfe schaffen. Die Arbeiterkammer-Umfrage zeigt, dass Konsumenten vor allem stressfreie Schlachtung, ausreichend Platz und artgerechte Fütterung als wichtige Kriterien sehen.

Fazit: Der Griff ins Regal als Produktionsauftrag

Mit jedem Einkauf beeinflussen Konsumentinnen und Konsumenten die Produktionsbedingungen. Ein bewusster Griff ins Regal kann nachhaltige und tierfreundliche Praktiken fördern. Der Report von Land schafft Leben zeigt, dass es an der Zeit ist, das eigene Kaufverhalten kritisch zu hinterfragen und bewusstere Entscheidungen zu treffen. Nur so können wir die Diskrepanz zwischen unseren Ansprüchen an die Produktion und unserem tatsächlichen Kaufverhalten überwinden und eine nachhaltige, tierfreundliche und gesunde Lebensmittelproduktion unterstützen.

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